Epilepsie beim Finnischen Lapphund
Teil I - Gewitter im Kopf
Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung beim Hund. Die Prävalenz von Epilepsie variiert stark zwischen den unterschiedlichen Rassen. Leider werden auch Besitzer von Finnischen Lapphunden immer wieder mit dieser Erkrankung konfrontiert, die Hund und Mensch vor einige Herausforderungen stellt. Aus diesem Grund möchten wir im Folgenden etwas näher auf diese Krankheit eingehen.
Auslöser für epileptische Anfälle ist eine Störung in der elektrochemischen Signalübertragung der Nervenzellen im Gehirn. Das Gleichgewicht zwischen erregenden und hemmenden Neurotransmittern ist gestört, wodurch die Reizschwelle der Nervenzellen herabgesetzt wird und es zu einer plötzlichen Entladung der Nervenzellen kommt. Diese Störung kann auf eine bestimmte Region des Gehirns begrenzt sein (fokaler Anfall) oder sich über das gesamte Gehirn ausbreiten (generalisierter Anfall). Entsprechend können epileptische Anfälle unterschiedliche Erscheinungsbilder haben.
Epileptische Anfälle können für Hundebesitzer ein erschreckendes und beängstigendes Erlebnis sein und die Krankheit wirft viele Fragen auf, wie z.B. was sie verursacht, leidet der Hund darunter und kann man etwas dagegen tun. Leider bleiben aufgrund des Forschungsstandes, derzeit noch viele Fragen unbeantwortet. Auch bleibt die Ursache der Epilepsie oftmals unbekannt, daher wird davon ausgegangen und konnte bei machen Rassen auch bereits nachgewiesen werden, dass die Vererbung bei einigen Epilepsieformen eine Rolle spielt. Meist treten die ersten Anfälle im Alter zwischen ein und fünf Jahren auf, bei Rüden etwas häufiger, als bei Hündinnen. Die Anfälle werden in verschiedene Typen unterteilt, wovon der tonische Anfall bei Hunden am häufigsten vorkommt. Manchmal beginnt ein epileptischer Anfall ohne Vorwarnung, aber meistens durchläuft ein epileptischer Anfall drei Stadien:
1. Die einleitende Phase kündigt einen bevorstehenden Anfall durch eine so genannte "Aura" an, eine Veränderung im Verhalten wie Unruhe, vermehrtes Speicheln und Urinieren, manche Tiere ziehen sich zurück oder suchen die Nähe ihrer Menschen. Diese "Aura" dauert von einigen Sekunden bis Stunden. In einer Umfrage gaben knapp 40% der Lapphundbesitzer an, dass sie einen bevorstehenden Anfall an Verhaltensänderungen wie Unruhe, Nähe suchen, Übelkeit und Erbrechen erkennen können.
2. Der eigentliche Anfall beginnt typischerweise mit dem Einsetzen der Bewusstlosigkeit, gekennzeichnet durch Versteifung der Skelettmuskulatur, zu Boden fallen, krampfartigen Zuckungen und Paddelbewegungen, Urinieren, mitunter kann der Hund während des Anfalls auch schreien, was auf unkontrolliertes Ausströmen von Luft durch die Stimmbänder, zurückzuführen ist, nicht auf Schmerz. Bei Finnischen Lapphunden wird ebenso von fokalen Anfällen berichtet. Bei der fokalen Epilepsie ist nur ein Teil der des Gehirns betroffen, sie äußert sich partiell durch Zucken einzelner Gliedmaßen oder einseitiger Krämpfe oder laufender Wiederholungen bestimmter Bewegungen wie z.B. im Kreis drehen. Diese Form der Epilepsie wird oft mit einer Verhaltensstörung verwechselt, da der Hund während des Anfalls weiterhin ansprechbar und bei Bewusstsein bleibt.
Ein Anfall dauert in der Regel einige Sekunden bis Minuten. Beim Lapphund wird meist von einer Dauer zwischen 30 Sekunden bis 10 Minuten berichtet. Treten mehrere Anfälle hintereinander auf, so dass der Hund das Bewusstsein nicht wiedererlangt, oder dauert ein Anfall länger als 10 Minuten, spricht man von einem "Status epilepticus", der zu schweren Hirnschäden oder zum Tod führen kann, daher sollten Tiere bei einem Status epilepticus sofort in eine Tierklinik gebracht werden.
3. Die Phase der Erholung, nach dem Anfall sind die meisten Hunde erschöpft und etwas benommen. Einige Hunde erholen sich innerhalb weniger Minuten, andere haben selbst nach einigen Stunden noch neurologische Ausfälle wie etwa Sehstörungen, steifer Gang, Desorientierung. Lapphundbesitzer gaben überwiegend eine Erholungszeit zwischen 15 und 30 Minuten an.
Ursachen:
Genetische Epilepsie (auch idiopathische Epilepsie)
Die Ursache der häufigsten Form der primären Epilepsie bei Hunden ist bis heute nicht bekannt und wird daher als idiopathisch bezeichnet. Es wird mutmaßlich eine erbliche, genetische Ursache angenommen. Bei einigen Rassen konnte eine genetische Ursache bereits nachgewiesen werden. Der Erbgang ist meist autosomal-rezessiv, d.h. beide Eltern müssen Anlageträger sein, damit die Nachkommen an Epilepsie erkranken. Bei der idiopathischen Epilepsie zeigen die Patienten zwischen den Anfällen keine neurologischen Ausfälle.
Strukturelle Epilepsie (auch sekundäre symptomatische Epilepsie)
Die strukturelle Epilepsie wird durch verschiedene Erkrankungen des Gehirns, wie z.B. ein Hirntumor, Schädeltrauma, Hirnhautentzündung oder Hirnblutung, ausgelöst. Diese Form wird auch als strukturelle Epilepsie bezeichnet da Veränderungen im Gehirn vorliegen und z.B. über MRT zu sehen sind. Bei dieser Form der Epilepsie zeigen Tiere auch zwischen den Anfällen neurologische Ausfälle.
Metabolische Epilepsie:
Bei dieser Art der Epilepsie ist eine organische Erkrankung, wie beispielsweise eine Leber- oder Nierenerkrankung, eine Stoffwechselstörung oder eine Herzerkrankung, die Ursache für ein epileptisches Symptom. Da symptomatischen Anfälle meist nicht auf die klassische Epilepsietherapie ansprechen, ist es wichtig die organische Ursache festzustellen.
Diagnose:
Die Diagnose von Epilepsie beginnt mit einer sorgfältigen Anamnese und einer neurologischen Untersuchung. Blut- und Urinproben des Hundes werden untersucht. Weitere klinische Diagnostik wie MRT, CT oder eine Gehirnwasser-Untersuchung kann helfen, die Art der Epilepsie zu bestimmen. Die Diagnose einer idiopathischen Epilepsie basiert auf dem Ausschluss anderer Erkrankungen.
Behandlung / Prognose:
Die idiopathische Epilepsie ist eine chronische Erkrankung, die nicht geheilt werden kann. Die Häufigkeit, Dauer und Intensität der Anfälle sind ausschlaggebend, ob und in wie weit eine medikamentöse Behandlung erforderlich ist, um Anfälle zu reduzieren oder Bestenfalls zu verhindern. Antiepileptika werden meist in Tablettenform verabreicht und arbeiten, indem sie die elektrische Aktivität im Gehirn regulieren. Es ist wichtig zu beachten, dass jeder Hund anders reagieren kann und es möglicherweise mehrere Versuche und Anpassungen der Dosierung benötigt. Die Wirksamkeit der Medikamente kann variieren, aber in vielen Fällen kann eine Therapie zu einer deutlichen Reduktion der Anfälle oder sogar zu einer Anfallsfreiheit führen. Es ist wichtig, eine gute Behandlung zu erreichen, um eine mögliche Schädigung des Gehirns durch häufige, starke oder lange Anfälle zu vermeiden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Hundehalter und Tierarzt, eiserne Disziplin bei der Medikation und vor allem viel Geduld sind entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung.
Mit einer optimale Therapie kann ein Hund mit Epilepsie ein normales Leben führen und ein normales Alter erreichen. Allerdings kann es oft Monate dauern, bis die Antiepileptika richtig eingestellt sind und leider sprechen machen Hunde, nicht selten Hütehunde, auf eine Behandlung nicht an.
In einer Umfrage gaben knapp 50% der befragten Lapphundebesitzer an, dass ihr Hund medikamentös behandelt werden musste. Bei der Hälfte der behandelten Patienten verschwanden die Anfälle vollständig, bei 27% konnten die Anfälle um die Hälfte reduziert werden. Bei 5% zeigte die Behandlung leider keine Wirkung.
Lesen sie weiter:
Epilepsie beim Lapphund - Teil II - Verantwortung in der Zucht
Quellen:
Jalostuksen tavoiteohjelma Suomenlapinkoira 2020–2024
terveys.lappalaiskoiragalleria.org
ADAM23 is a common risk gene for canine idiopathic epilepsy